Es liegt nicht an euch…

  1. Was bringen Beziehungs-Tools - und was nicht?

  2. Zufrieden? Die Skala-Übung

  3. Gossip als Tool - Was würdet ihr dem Paar raten?

  4. Deinem Körper zeigen, dass alles okay ist

  5. Atmen! - Die Körper-Übung

Noch ein Beziehungs-Tool?

Warum Fragekarten & Podcasts nichts ändern

Der Markt für Beziehungs-Selbsthilfe boomt. Es gibt unzählige Angebote: Fragekarten-Sets für tiefere Gespräche, Podcasts mit Beziehungstipps, Instagram-Kanäle voller Impulse, Online-Kurse für bessere Kommunikation, Ratgeberbücher, Paar-Challenges, Coaching-Programme und Achtsamkeitsübungen. All das verkauft sich blendend – denn der Wunsch, die eigene Beziehung zu verbessern, ist groß. Aber warum bleiben die meisten Paare doch nur ein paar Minuten an den Fragen hängen, hören zwar spannende Podcasts, aber ändern letztlich nichts?

Drei Gründe, warum diese Tools oft nicht die gewünschte Wirkung haben:

1. Veränderung ist eine Timing-Sache – und Timing ist kompliziert.

Wenn Paare anfangen, sich mit ihrer Beziehung auseinanderzusetzen, ist es selten so, dass beide gleichzeitig denselben Veränderungsbedarf spüren. Eine*r fängt an – kauft Fragekarten oder hört einen Beziehungs-Podcast – während der*die andere vielleicht gar nicht bemerkt, dass etwas im Argen liegt. Die Wahrnehmung darüber, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht, kann extrem unterschiedlich sein.

Therapeut*innen fragen oft nach dem “Leidensdruck auf einer Skala von 1 bis 10” – und während eine*r sagt „7, manchmal aber schon ‘ne 9“, sagt der*die andere „3, Streits sind doch normal“. Zwischen „präventiv eine Krise vermeiden“ und „kurz vor der Trennung noch retten, was zu retten ist“ liegen Welten – und das macht es schwer, den richtigen Moment für Veränderung zu finden.

Wenn also eine*r sich motiviert mit Beziehungsarbeit beschäftigt, aber der*die andere sich erschöpft vom Tag auf die nächste Serienfolge freut, dann ist das wahrscheinlich keine Beziehungsblockade, sondern ein Timing-Problem.

2. Es mangelt nicht an Materialien – sondern an Zeit und Struktur.

Es gibt kein Informationsdefizit. Bücher, Podcasts, Instagram-Posts – all das kann inspirieren, aber das eigentliche Problem ist: Wann nehmen wir uns bewusst Zeit, um wirklich miteinander ins Gespräch zu kommen?

Viele Paare starten motiviert, doch nach kurzer Zeit ist der Alltag lauter als das Bedürfnis, in die Tiefe zu gehen. Ein echter Austausch braucht Struktur. Nicht zwischen Tür und Angel, nicht mit dem Handy in der Hand, sondern mit einem klaren Rahmen: Wann, wo und wie sprechen wir über uns?

Diese Struktur zu schaffen ist eine Kunst für sich - damit seid ihr nicht allein. Viele Paare scheuen sich davor, schwierige Themen anzusprechen, weil sie Angst vor Streit haben. Aber oft ist es nicht das Thema selbst, das das Gespräch schwierig macht, sondern die Art, wie man darüber spricht. Wer sich bewusst Zeit nimmt, Regeln vereinbart und auf den Körper achtet, schafft sich selbst einen Raum für ehrliche, verbindende Gespräche. Weiter unten findet ihr Ideen und eine Anleitung, um einen festen Rahmen zu gestalten, in dem Reflexion nicht nur eine gute Idee bleibt, sondern tatsächlich passieren kann.

3. Erkenntnis ist nicht gleich Veränderung.

Ein Podcast kann uns tief berühren. Ein Fragekartenset kann spannende Gespräche anregen. Ein Buch kann sich genau „richtig“ anfühlen. Doch am nächsten Tag laufen wir oft wieder in unsere gewohnten Muster. Warum?

Weil Erkenntnis allein keine Veränderung bewirkt. Zu verstehen, dass man „mehr über seine Gefühle reden sollte“, heißt nicht automatisch, dass man es auch tut. Zu wissen, dass Nähe durch gemeinsame Zeit entsteht, hilft nicht, wenn man sich trotzdem nicht bewusst verabredet. Und selbst wenn sich ein Gespräch gut anfühlt – was passiert danach? Wie wird aus einer Einsicht eine gelebte Praxis?

Therapie funktioniert, weil sie nicht nur Erkenntnisse liefert, sondern einen Prozess begleitet. Und genau das ist der Unterschied zwischen einem Fragekartenspiel und einer echten Auseinandersetzung mit der eigenen Beziehung. Natürlich kann und will sich nicht jedes Paar eine*n Therapeut*in suchen – schon allein aus finanziellen Gründen! Vielleicht können wir Begleitung auch als Netzwerk verstehen. Eine Beziehung besteht nicht nur aus zwei Menschen, sondern auch aus den Systemen um sie herum: Familie, Freund*innen, Kolleg*innen, alle möglichen beratenden Menschen. Diese Systeme können und dürfen angezapft werden, wenn es darum geht, einen Veränderungsprozess zu begleiten.

Sobald ein Paar den Entschluss fasst, an einer Veränderung zu arbeiten, lohnt es sich, mitzudenken: Wer könnte uns unterstützen, wenn es schwierig wird? Wer hilft uns, dranzubleiben? Manchmal reicht eine Freundin, die nachfragt: „Wie läuft es mit eurem Vorhaben?“ oder ein Bruder, der eine neue Perspektive einbringt.

Und übrigens: Es gibt Anlaufstellen, die kostenfreie und dennoch hochwertige Unterstützung bieten – Beratungsstellen, Familienzentren, tatsächlich auch Jugend- und Gesundheitsämter. Sich Hilfe zu holen, muss keine Frage des Geldes sein, sondern nur eine Entscheidung dafür, nicht alles alleine stemmen zu müssen.

Was braucht es also wirklich?

  1. Den richtigen Zeitpunkt – und das Bewusstsein, dass dieser nicht für beide gleichzeitig kommt.

  2. Eine feste Struktur – Zeit und Raum, um wirklich ins Gespräch zu gehen.

  3. Eine Begleitung über längere Zeit – damit Erkenntnisse nicht nur Ideen bleiben, sondern Teil der Beziehung werden.

Gossip als Tool

Was würdet ihr dem Paar raten?

Oft fällt es uns leicht, anderen Ratschläge zu geben, während wir selbst nicht weiter wissen. Es tut uns gut, hilfreich statt hilflos zu sein. Und manchmal – fast unterbewusst – geben wir genau den Rat, den wir selbst am meisten bräuchten.

Ravi und Elias sind seit sechs Jahren ein Paar und lieben es, gemeinsam Zeit zu verbringen – außer wenn es um die Urlaubsplanung geht. Jedes Jahr eskaliert genau dieses Thema. Ravi ist derjenige, der sich früh um alles kümmert: recherchieren, vergleichen, buchen. Elias hingegen ist eher spontan und lebt nach dem Motto: „Wir werden schon was Schönes finden.“ Das Problem? Ravi fühlt sich allein verantwortlich und hat das Gefühl, wenn er nicht planen würde, würden sie niemals gemeinsam verreisen. Elias hingegen fühlt sich von der detaillierten Planung eingeengt und würde sich wünschen, dass sie sich einfach treiben lassen können. Immer wieder endet das Thema im Streit statt in Vorfreude.

Was würdet ihr Ravi und Elias raten? Und warum?

Deinem Körper zeigen, dass alles okay ist

Wie Körperhaltung ein Gespräch formen kann

Wenn ihr eure Sitzung startet, achtet mal darauf: Wie sitzt ihr? Wie fühlt sich euer Körper an? Bleibt ihr entspannt oder spürt ihr Anspannung – vielleicht in den Schultern, im Bauch oder in den Händen?

Es gibt keine „richtige“ Körperhaltung, aber unser Körper sendet ständig Signale. Und manchmal “merkt” er nicht, dass wir in Sicherheit sind. Ein schwieriges Thema bedeutet nicht automatisch Gefahr – aber manchmal reagiert unser Körper genau so, als müssten wir uns schützen.

Was hilft?

• Lehnt euch bewusst an. Entspannt die Bauchmuskeln.

• Löst die Schultern, atmet tiefer aus.

• Beobachtet eure Atmung für zwei, drei Atemzüge.

• Findet euren eigenen Hack, um euch selbst zum (inneren) Lächeln zu bringen.

Das sind kleine Dinge, aber sie senden eine wichtige Botschaft: “Auch wenn das Thema schwierig ist, sind wir okay.” Denn am Ende hängt alles zusammen: Körper, Gedanken, Gefühle – und die können sich gegenseitig daran erinnern, dass sie in Sicherheit sind.

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Beziehungsstatus: Gespräch mit Bot läuft…

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Paartherapie für zu Hause